Gründonnerstag (auch Hoher, Heiliger oder Weißer Donnerstag) ist die deutsche Bezeichnung für den fünften Tag der Karwoche bzw. der Heiligen Woche. An ihm gedenken die christlichen Kirchen des letzten Abendmahles Jesu mit den zwölf Aposteln am Vorabend seiner Kreuzigung.
Lage im Kirchenjahr:
Gründonnerstag liegt drei Tage vor Ostersonntag.
Allgemeines:
Leonardo da Vinci (1452-1519)
Das letzte Abendmahl (1495-1498)
Der Gründonnerstag ist der Donnerstag vor dem Karfreitag und zählt zu den drei Kartagen im engeren Sinn. Mit dem Vespergebet vom Vorabend des Karfreitags beginnt am Abend des Gründonnerstags nach katholischer Zählung das so genannte Triduum Sacrum (oder Triduum Paschale), also die Feier der drei österlichen Tage (Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag). Als Gedächtnistag des Letzten Abendmahls und der damit nach christlicher Auffassung verbundenen Einsetzung der Eucharistie kommt dem Gründonnerstag ein besonderer Rang in der Liturgie zu. Da die Kartage aufgrund ihres grundsätzlichen Charakters als Tage der Trauer und des Mitvollzugs der Passion Jesu eine besondere Prachtentfaltung nicht gestatten, seit dem Vierten Laterankonzil aber ein besonderer Bedarf für die Verehrung der Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi im Brot und Wein der Eucharistie entstanden war, wurde in der katholischen Kirche seit dem 13. Jahrhundert als zweites eucharistisches Hochfest das nachösterliche Fronleichnamsfest am zweiten Donnerstag nach Pfingsten eingeführt, das somit in einer besonderen Beziehung zum Gründonnerstag steht.
Namensherkunft:
Der vor dem 15. Jahrhundert - nach Kluge-Mitzka um 1200 im mitteldeutschen Raum - entstandene Name Gründonnerstag beschränkt sich im Prinzip auf das deutsche Sprachgebiet und ist auch dort nur die üblichste neben mehreren anderen Bezeichnungen. Die Fügung Grüner Donnerstag (mhd. grûne dunrestag oder grüene donerstac) ist bereits seit dem 13. Jh. belegt. Der lateinische Terminus dies viridium (wörtlich "Tag der Grünen" - gemeint sind die durch Absolution von den Sünden und Kirchenstrafen Befreiten, im Sinne von "Erneuerten, Frischen" nach Lukas-Evangelium 23,31: "grünes Holz" vs. "dürres Holz") war möglicherweise nicht, wie von der Sprachwissenschaft lange angenommen, das Vorbild für diese deutsche Bezeichnung, sondern scheint erst im 17. Jh. entstanden zu sein.
Die Herkunft des Namens ist nicht geklärt, es konkurrieren besonders vier Thesen, die sich nicht notwendigerweise gegenseitig ausschließen müssen, da auch mehrere Faktoren bei der Entstehung des Namens zusammengewirkt haben können:
Herleitung von virides ("die Grünen"), den Büßern, die "dürres Holz" gewesen waren und jetzt am antlastag, dem Tag des Kirchenbußerlasses, wieder lebendiges, "grünes Holz" der Kirche wurden nach Lukas 23,31 und wahrscheinlich in weißem Kleid vielleicht mit grünem Schultertuch zur Kommunion schritten.
Herleitung aus der liturgischen Farbe Grün. Der heutige Farbenkanon des Römischen Ritus sieht Weiß als liturgische Farbe für den Gründonnerstag vor, dieser Farbenkanon war jedoch vor dem 16. Jahrhundert nicht verbindlich und in den Eigenriten der Diözesen vielfach abweichend geregelt. Da aus dem Gebrauch der Farbe Weiß in der Gründonnerstagsliturgie auch die Bezeichnung "Weißer Donnerstag" (ndl. Witte Donderdag, franz. jeudi blanc) entstanden ist, könnte ebenso aus regional abweichender Verwendung von Grün auch der Name Grüner Donnerstag, Gründonnerstag entstanden sein.
Herleitung aus dem seit dem 14. Jahrhundert bezeugten, aber möglicherweise schon älteren Brauch, am Gründonnerstag besonders grünes Gemüse (Kohl, Salate, Nesseln, junge Triebe) und grüne Kräuter zu essen. Dies steht nicht nur im Einklang mit den allgemeinen Fastenvorschriften für die Karwoche, sondern auch in Verbindung mit abergläubischen Vorstellungen, dass dadurch die Kraft des Frühlings und eine Heilwirkung für das ganze Jahr aufgenommen werde. In einigen Regionen hatte der Gründonnerstag auch eine besondere Bedeutung für das Bestellen von Feld und Garten, als Tag der ersten Frühlingsaussaat oder als ein Tag, an dem man sich von der Aussaat oder vom Setzen oder Beschneiden der Pflanzen besonders reichen Ertrag versprach.
Herleitung aus dem "Greinen" (ahd. gri-nan, mhd. grînen, "lachend, winselnd, weinend den Mund verziehen") der Büßer am Gründonnerstag. Aus mündlich gebrauchtem, aber schriftlich nicht bezeugtem grîn donerstac wäre in dem Fall durch volksetymologische Umdeutung Grüner Donnerstag => Gründonnerstag entstanden. Da jedoch dieser Tag seit dem 4. Jh. ein kirchlicher Freudentag war, an dem die zuvor Exkommunizierten nach Buße und Vergebung endlich wieder zur Kommunion zugelassen, also wieder "grünendes Holz" am Stamm der Kirche nach Lukas 23,31 waren, ist die Annahme eines Klage-Donnerstags ausgesprochen widersinnig.
Gängige lateinische Bezeichnungen des Gründonnerstags sind dies cenae domini ("Tag des Abendmahls des Herrn"), dies absolutionis ("Tag der Sündenvergebung"), dies indulgentiae ("Ablasstag"), dies mandati ("Tag der Fußwaschung", daraus entstand die im Englischen geläufige Bezeichnung Maundy Thursday), dies azymorum ("Tag der ungesäuerten Brote") oder consecratio chrismatis ("Chrisamweihe", die in der römischen Liturgie an diesem Tag vollzogen wird); außerdem kann der Tag als quinta feria ("fünfter Tag") oder dies jovis ("Donnerstag") mit den Zusätzen magnus ("groß"), sacer ("heilig") oder altus ("hoch") bezeichnet werden. In anderen Sprachen wird der Festtag meist "Heiliger Donnerstag" (so in allen romanischen Sprachen und neben Maundy Thursday auch im Englischen geläufig) oder "Großer Donnerstag" (so etwa im Polnischen Wielki Czwartek, im Kroatischen veliki c(etvrtak und im Ungarischen Nagycsütörtök) genannt. Im Tschechischen heißt der Tag nach deutschem Vorbild "Grüner Donnerstag" (zelený c(tvrtek), im Niederländischen wie erwähnt "Weißer Donnerstag" (Witte Donderdag), während im skandinavischen Raum mit Ausnahme des Finnischen, wo man vom "Donnerstag des Herrn" (kiirastorstai) spricht, die Bezeichnung "Schnitterdonnerstag" gebräuchlich ist (Schwedisch Skärtorsdagen, Dänisch Skærtorsdag), was schwedischen Quellen zufolge an die Fußwaschung erinnern soll, da "schneiden" (schwed. skära) hier in der Bedeutung von "(be)reinigen" zu verstehen sei. In manchen deutschsprachigen Regionen sehr gängig war früher auch der Name Antlaßtag ("Tag der Entlassung aus den Sünden", "Ablasstag"), der ähnlich wie der früher im Französischen gebräuchliche Name jeudi absolu aus der lateinischen Bezeichnung dies absolutionis bzw. dies indulgentiae herzuleiten ist.
Regional abweichend wurde in älterer Zeit unter anderem in Westfalen auch der Donnerstag der Osterwoche (d. h. der Donnerstag nach statt vor Ostern) als "Grüner Donnerstag" (gronen donnerstagh) bezeichnet.
Gründonnerstag
in der römisch-
katholischen
Kirche:
Mit dem Gründonnerstag beginnt das Triduum Sacrum, das dreitägige Fest des Sterbens und der Auferstehung Jesu Christi ("Ostern") und das wichtigste Fest der römisch-katholischen Kirche und der Christen überhaupt. Das Triduum beginnt in der katholischen Liturgie am Abend des Gründonnerstags mit der Vesper und endet mit dem Ablauf des Ostersonntags.
In der Messe am Abend des Gründonnerstags (frühester Beginn ist 16 Uhr, spätester Beginn 20 Uhr) wird des letzten Abendmahles Jesu und der Einsetzung des "Altarsakramentes" (d. h. der Eucharistie) gedacht. Die sich anschließende schlichte Prozession mit dem "Allerheiligsten" (d. h. dem nach Auffassung der Katholiken in der geweihten Hostie gegenwärtigen Jesus Christus) steht für den Gang Jesu zum Ölberg, wo er in Todesangst betete und verhaftet wurde. In stiller Anbetung vor dem Allerheiligsten, vielerorts auch Ölbergstunde genannt, gedenken die Gläubigen in dieser Nacht Jesu Verhaftung und Geißelung.
Der Gründonnerstag war früher ein Tag öffentlicher Sündenvergebung, besonders für die mit Kirchenstrafen belegten Büßer. Diese Funktion gibt es in der römisch-katholischen Kirche nicht mehr, während sie in der Orthodoxie teilweise noch anzutreffen ist.
Liturgisch hat der Gründonnerstag eine besondere Prägung. In Bischofskirchen findet am Vormittag im Rahmen einer Messe die Weihe der Heiligen Öle (des Katechumenenöls für die Taufbewerber, des Krankenöls für die Krankensalbung und des Chrisams für die Firmung und andere Anwendungen) durch den Ortsbischof statt. Dieser Gottesdienst wird in manchen Diözesen bisweilen auf einen der vorhergehenden Tage verlegt, damit die Priester aus den einzelnen Pfarrgemeinden, die am Gründonnerstag in der Regel vielbeschäftigt sind, leichter daran teilnehmen können. Generell gelten der Gründonnerstag und besonders die Chrisammesse im katholischen Bereich als Fest des christlichen Priestertums.
Am Abend wird in allen Kirchen die Messe vom Letzten Abendmahl gefeiert und dabei an die Einsetzung der Eucharistie, des Gebotes der Nächstenliebe und des amtlichen Priestertums erinnert. Um die Besonderheit dieses Abends zu betonen, werden dem Hochgebet ausschließlich in dieser Messfeier die Worte "Am Abend vor seinem Leiden, welcher heute ist, ..." hinzugefügt. Privat- und Gruppenmessen sind an diesem Tag nicht erlaubt, damit die Eucharistie deutlich als "Sakrament der Einheit" in Erscheinung tritt. Während des Glorias läuten alle Glocken; danach schweigen die Glocken und die Orgel bis zum Gloria der Osternacht. Oftmals werden Ratschen (in manchen Gegenden "Klappern" genannt) zur Wandlung und zur Prozession nach der Messe verwendet, die durch ihren harten Klang in der Leidenszeit Jesu die Glocken ersetzen. Nach alter Überlieferung wird in vielen Gemeinden auch der Ritus der "Fußwaschung" (Mandatum) vollzogen. Der Hauptzelebrant wäscht nach dem Vorbild Jesu (bis zu) zwölf Laien symbolisch die Füße, um zu verdeutlichen, dass das kirchliche Amt den Charakter des Dienstes und nicht der Herrschaft hat. Die Bereitschaft zur Nächstenliebe wird durch das Einsammeln von Gaben für Bedürftige und Arme veranschaulicht.
In manchen Gemeinden ist es üblich, dass die Kommunion auch den Laien in beiderlei Gestalt gereicht wird (Leib und Blut Christi).
Nach oder während der Messe werden konsekrierte Hostien in einer Prozession unter dem Gesang des traditionellen Hymnus Pange lingua gloriosi zu einem Seitenaltar oder einer Kapelle gebracht. Diese Hostien werden den Gläubigen in der Kommunionfeier am Karfreitag gereicht, da an diesem Trauertag traditionell keine Eucharistiefeier stattfindet. Nach dem Gottesdienst werden sämtliche Decken und Schmuck vom Hauptaltar und allen anderen Altären mit Ausnahme desjenigen entfernt, auf oder bei dem die Eucharistie aufbewahrt wird. Dies soll Trauer symbolisieren, aber auch konkret an eine Überlieferung erinnern, wonach Jesus die Kleider vom Leib gerissen wurden.
Durch das Beten des Tantum ergo während der Überführung des Allerheiligsten kann der Gläubige, wenn er die von der Kirche geregelten Voraussetzungen erfüllt, nach katholischer Auffassung einen so genannten vollkommenen Ablass (Befreiung von allen bereits verwirkten Sündenstrafen, das beinhaltet nicht die Vergebung der Sünden selbst) erhalten.
Nach der Messe finden in Anlehnung an die überlieferte Nachtwache der Jünger Jesu am Ölberg in vielen Gemeinden abendliche Gebetswachen statt, die mancherorts die ganze Nacht andauern. Die Wachen finden oft direkt vor dem Altar statt, auf dem sich nun die Hostien befinden. Dies soll den Gläubigen die Möglichkeit geben, das Allerheiligste in Anbetung zu verehren.
Nach dem Gottesdienst und parallel zur eucharistischen Anbetung gibt es mancherorts den Brauch, eine gemeinsame Agape (Freundschaftsmahl) zu halten. Bei diesem Mahl werden oft ungesäuerte Brote (etwa Matzen, orientalisches Fladenbrot oder Milchbrote) verzehrt sowie Wein oder Traubensaft getrunken. Die Brote werden traditionell miteinander geteilt, um an den Gestus des Brotbrechens zu erinnern. In solchen Agapen soll die schenkende Liebe Jesu Christi symbolisch erlebbar und an das letzte Abendmahl Jesu sowie auch an das jüdische Paschamahl erinnert werden, das Jesus und seine Jünger damals nach biblischer Überlieferung feierten.
Gründonnerstag
in der
evangelischen
Kirche:
Hier wird der Gründonnerstag mit einem abendlichen Abendmahlsgottesdienst begangen. Dieser Gottesdienst wird in vielen Gemeinden besonders ausgestaltet. Ausgehend von der heutigen liturgischen Erneuerungsbewegung wird oft versucht, ihn im Rahmen der Karwoche als den 1. Tag des Triduum Sacrum besonders zu begehen.
Brauchtum:
Der Artikel Gründonnerstag im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens verzeichnet eine Vielzahl von Gründonnerstagsbräuchen mit den damit verbundenen Vorstellungen des Volksaberglaubens. Neben dem schon im Zusammenhang mit der Erklärung des Namens genannten Essen von grünem Gemüse und Kräutern und der Bedeutung für die Bestellung von Feld und Garten sind noch besonders die Praktiken und Vorstellungen zu erwähnen, die sich mit den am Gründonnerstag gelegten Eiern, sogenannten Gründonnerstagseiern oder Antlaßeiern, verbanden.
Solche Eier wurden am Gründonnerstag gesammelt, am Ostersonntag in der Kirche geweiht, anschließend unter den Hausgenossen verteilt und mit der Schale oder einem Stück der Schale verspeist und der Rest der Schale ins Feuer geworfen: das Verspeisen sollte Schutz vor diversen Leiden wie Kreuzzschmerzen oder Leistenbruch und auch vor Schlangenbissen gewähren.
Auch ohne Verspeisen wurde das Gründonnerstagsei für Abwehrzauber verwendet, durch Vergraben unter der Schwelle (in Solothurn, gegen Unkeuschheit), durch Befestigung an einem an der Außenwand des Hauses angenagelten Kreuz, durch Einschluss in einem Balken, durch Einmauern in der Herdgrube, durch Platzierung im Stall (gegen Erkrankung des Viehs) oder durch Vergraben am Rand eines Ackers oder Ufer eines Baches (gegen Überschwemmung). Gegen Blitzschlag wurde ein solches Ei auf den Dachboden gebracht, auf den Dachfirst gelegt oder über das Haus geworfen und an der Stelle vergraben, an der es niederfiel.
Als Gegenzauber zum Aufspüren von Hexen war ein Gründonnerstagsei am Karfreitag oder Ostersonntag in die Kirche mitzunehmen, um dort an ihrer Haltung - zum Beispiel mit dem Rücken zum Altar sitzend - die Hexen erkennen zu können, ggf. indem man jemand über die Schulter zu sehen hatte, der ein solches Ei in der Tasche trug.
In Coburg werden z.T. noch heute die Ostereier schon am Gründonnerstag gesucht, gebracht vom "Grüa Hoas" (Grünen Hasen).
In Teilen der Oberlausitz wird am Gründonnerstag gebettelt. Dabei ziehen Kinder mit dem Spruch "Heute zum Gründonnerstag, gebt mir was in'n Bettelsack..." von Haus zu Haus, um Süßigkeiten zu bekommen.
In vielen Regionen fanden Umzüge mit Ratschen und Klappern statt, deren Lärm die in der Karwoche schweigenden ("nach Rom verreisten") Kirchenglocken ersetzen, aber wohl auch Dämonen und böse Geister vertreiben sollte. In der Eifel ziehen die Kinder z.T. noch heute vom Gründonnerstag bis Karsamstag dreimal täglich ratschend durch die Dörfer. Sie singen dazu Lieder in Eifler Mundart, die regional unterschiedlich sein können. Dafür bekommen sie am Karsamstag von den Dorfbewohnern gefärbte oder rohe Eier.